Wer sucht braucht kein Ziel


Im Urlaub sind mein Mann und ich mit einer Seilbahn, auf einen Berg gefahren. Etwas, dass wir bereits in einem anderen Urlaub gemacht hatten. Damals haben wir abseits der anderen Touristen Ruhe und das Gefühl von Freiheit gefunden. Es war toll.

Voller Vorfreude auf dieses Gefühl bin ich aus der Gondel der Seilbahn gestiegen. Es waren sehr viele Menschen auf dem Berg und das erhoffte Gefühl stellte sich nicht ein. Eine Stelle zum Sitzen, in Ruhe, mit dem Blick in die Weite gab es nicht. Ich war enttäuscht, denn ich bin mit einem Ziel und einer Erwartung auf den Berg gefahren.
-Für unsere Pause saßen wir dann auf einer langen Holzbank, mit vielen anderen Wanderern und Touristen, Kindern, Familien und Hunden. Der Blick war atemberaubend und trotzdem war ich unzufrieden, weil da nicht das war, das ich erwartet hatte, was ich gesucht habe.

Als wir nun so dasaßen und auf die Berge blickten und meine Gedanken schweiften verstand ich es langsam. Ich war von meinem Ziel, das Gefühl von damals wiederzuerlangen, eingenommen und konnte mich dadurch nicht für den Moment öffnen und mich einlassen und vielleicht etwas Neues finden.

Siddharta, die Hauptfigur aus dem gleichnamigen Roman von Hermann Hesse sagt dazu: “ Wenn jemand sucht, dann geschieht es leicht, dass sein Auge nur noch das Ding sieht, das er sucht, dass er nichts zu finden, nichts in sich einzulassen vermag, weil er nur immer an das Gesuchte denkt, weil er ein Ziel hat, weil er vom Ziel besessen ist. Suchen heißt: ein Ziel haben. Finden aber heißt: frei sein, offen stehen, kein Ziel haben.“ S. 111-112

Ich hatte das Buch am Tag vor unserem Bergbesuch ausgelesen und auf dem Berg habe ich es verstanden und ich musste lächeln und habe mich darüber gefreut.
Ziele sind gut und wichtig im Leben, das möchte ich nicht in Frage stellen. Doch manchmal müssen wir uns ohne Ziel öffnen, um zu finden.

Nehmen wir einen Aufenthalt im Wald als Beispiel. Du gehst in den Wald, um dich zu entspannen. Du suchst Entspannung und hast dieses Ziel vor Augen. Du denkst immer daran, dass du dich entspannen musst, vielleicht hast du dich auch einfach gefreut, dass dich dieser Aufenthalt entspannen wird. Du hast Erwartungen, verfolgst dieses Ziel und gehst vielleicht frustriert und unentspannt wieder aus dem Wald. Und du fragst dich, warum du heute keine Entspannung gefunden hast, und trägst Ärger und Enttäuschung mit nach Hause.

Wenn du jedoch positiv und ohne Erwartungen, ohne bestimmtes Ziel in den Wald gehst und dich öffnest, frei bist, dich einlässt, dann wirst du etwas finden. Was du finden wirst? Wer weiß. Da du kein Ziel hattest ist alles, was du findest in Ordnung und das, was du finden solltest.

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