Kraftsymbol Baum


Wenn ich sage, dass ich Waldbaden anbiete, kommt oft als erste Frage „Ist das das, mit dem Bäume umarmen?“.  Und oftmals mit einem belustigten Unterton. Niemand muss einen Baum umarmen, doch ich lade ich ein, es einfach mal zu versuchen.  Oftmals bringt uns der bewusste Anblick dieser sanften Riesen schon zum Staunen. Oder um es mit den Worten von Khalil Gibran auszudrücken: „Bäume sind Gedichte, die die Erde an den Himmel schreibt“.

Bäume und ihre mystische Bedeutung und Symbolik lassen sich schon sehr lange in der Geschichte der Menschheit finden und begleiten uns noch heute zum Beispiel als Maibaum oder Weihnachtsbaum. Weltweit wurden und werden Bäume von jeher als heilig verehrt.

Laut der Überlieferung meditierte Siddharta Gautama unter einem Bodhi-Baum und fand dort die Erleuchtung und wurde zum Buddha. Der Bodhi-Baum gilt als Zeichen des Friedens und ist das Ziel vieler buddhistischer Pilgernder.

Noch heute stehen Bäume für das Symbol des ewigen Kreislaufs des Lebens.

Lebensbäume finden sich in vielen Religionen wieder. In Ägypten zum Beispiel galt die Sykomore (Maulbeer-Feige) als heiliger Baum. Als Welten- und Lebensbaum ragte eine Sykomore mitten aus dem Urgewässer auf, stützte den Himmel und garantierte damit den Erhalt der Schöpfung. In der nordischen Mythologie verbindet der Weltenbaum Yggdrasil alle neun Welten.

Die aktuell wohl bekannteste Darstellung des Lebensbaums ist ein Ring und in der Mitte verbindet ein Baum Himmel und Erde. Dies symbolisiert die Verbundenheit von allem im Universum. Der Baum des Lebens soll uns daran erinnern, dass wir nie allein sind und ständig mit der Welt verbunden sind.

Diese Verbundenheit möchte ich dir kurz aufzeigen. Der Baum bekommt Licht und Wasser aus dem Himmel. Dadurch kann er wachsen und so unter anderem Nahrung, Lebensraum und Schutz spenden. Wir bekommen Sauerstoff vom Baum und weiterhin über die Luft seine Duftstoffe, über die er mit anderen Bäumen kommuniziert. Diese Duftstoffe, sogenannte Terpene, aktivieren unser Immunsystem. Der Baum kann uns über seine Früchte ernähren und aus manchen Teilen können wir heilende Medizin gewinnen. Der Baum filtert CO2 aus der Luft und lagert es ein. Wenn der Baum stirbt, wird ein Teil davon wieder freigegeben. Doch ein großer Rest verbleibt im Ökosystem. Das Totholz wird durch viele verschiedene Tierarten in kleine Stücke zerlegt und so immer tiefer in den Boden eingearbeitet. Zum Schluss schwemmt noch der Regen den letzten Rest ein und so findet das CO2 als Humus seine letzte Ruhe tief in der Erde und wird dort Teil eines anderen Kreislaufs. Ich finde, dies kann man mit gutem Gewissen als Verbindung zwischen Himmel und Erde sehen und wir sind ebenfalls damit verbunden.

Bäume verändern sich und durchlaufen den Zyklus der Jahreszeiten. Kein Tag auf dieser Erde ist für den Baum gleich und kein Baum auf dieser Erde ist gleich. Jeder Baum ist ein Unikat, so wie jeder Mensch ein Unikat ist. So spiegeln sie die Kraft der Individualität wider. Bäume sind stark verwurzelt und mit der Erde verbunden. Sie halten Stürmen und äußeren Einflüssen stand und sind in ihrer Krone doch flexibel und biegsam. Die Erfahrungen und die Einflüsse von außen, machen den Baum zu dem, was er ist. Genau wie dich. Vielleicht fühlen wir uns den Bäumen deshalb so hingezogen, weil wir viele Parallelen zu unserem menschlichen Dasein finden. Eine indianische Weisheit bringt es auf den Punkt: Ein Baum spiegelt das Sein. Er wandelt sich. Verändert stellt er sich selbst wieder her. Und bleibt immer der Gleiche.

Beim Waldbaden schildern mir Teilnehmende manchmal die Empfindungen, die sie haben, wenn sie einen Baum umarmen, sich anlehnen oder ruhend daruntersetzen. Manche fühlten sich vom Baum umarmt, andere fanden eine tiefe Ruhe und Erdung und mir geht oft folgender Liedtext von Bill Whiters durch den Kopf: Lean on me, When you’re not strong, And I’ll be your friend, I’ll help you carry on.

Mit diesem Wissen ist es nun ganz dir überlassen, was du in einem Baum siehst. Doch vielleicht näherst du dich beim nächsten Spaziergang den Bäumen mit einem anderen Blick und dann folge einfach deinen Impulsen und deiner inneren Stimme.

 

Quellen:

https://www.religionen-entdecken.de/fragen/1741/wie-gelangte-siddharta-gautama-zur-erleuchtung

https://tu-dresden.de/bg/standorte/dresden/transl/bibelpflanzenpfad/maulbeerfeige

Wohlleben, Peter: Das geheime Leben der Bäume

 

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